Einweihung der Jareker Gedenktafel im Juni 2010

Einweihung der  Jareker Gedenktafel  und  Gedenkfeier in  Jarek

während der Jarek-Reise vom 3. bis 8. Juni 2010
mit dem Ortsausschuss Jarek
Reiseleitung: Inge Morgenthaler und Michael Rettinger

Am Tag nach unserer Ankunft, am Freitag den 4. Juni 2010, fuhr die Gruppe der Jarek-Reisenden nach dem Frühstück von Novi Sad nach Jarek.

In der Dorfmitte hielt der Bus vor dem Gemeindehaus. Es erwarteten uns der Vorsitzende des Jareker Gemeinderates, Herr Mandic, und der Gemeindesekretär, Herr Mrdjen, und begleiteten uns in das Haus hinein. An der Tür wurden wir nach alter serbischer Tradition von einem hübschen jungen Mädchen in Tracht mit Brot und Salz begrüßt.

Im großen Sitzungssaal standen Stühle für alle bereit. Es waren auch einige Gemeinderäte und Bürger von Bački Jarak gekommen, um diesem Ereignis beizuwohnen. Herr Mandic hieß uns mit einer kurzen Rede willkommen und wünschte uns einen schönen Aufenthalt.

Unser 1. Vorsitzender, Michael Schmidt, entgegnete ihm mit einer auf Serbisch gehaltenen Rede, die Michael Rettinger, unser 2. Vorsitzender, dann auf Deutsch verlas.

In seiner Rede berichtete Michael Schmidt, dass er an der Spitze einer Gruppe von Jarekern, deren Kinder und Ehegatten nach Jarek gekommen sei, um der Sehnsucht Folge zu leisten, die jedem Menschen innewohne, nämlich seine Heimat wieder zu sehen und auch noch, falls möglich, die Häuser zu sehen , in denen man gewohnt habe.

Er betonte ausdrücklich, dass wir als Gäste und Touristen gekommen wären und keinesfalls in der Absicht, irgendwelche Ansprüche geltend zu machen. Unser Ziel sei es, einfach. alte Erinnerungen wieder aufzufrischen und unseren Kindern zu zeigen, wo wir zusammen mit unseren serbischen und ungarischen Nachbarn als friedliche Bürger durch Generationen hindurch gelebt hätten. Nach den bitteren Jahren des Kriegs und der Nachkriegszeit hätten wir uns alle in unseren neuen Heimatländern eine Existenz aufgebaut und wir und unsere Kinder und Enkel seien nach 65 Jahren dort völlig integriert. Aber unsere alte Heimat läge uns doch noch sehr am Herzen. So sei es uns eine besondere Freude, dass es gelungen wäre, nach vielen Jahren eine Tafel im Gemeindehaus anbringen zu dürfen, die an unsere Anwesenheit in Jarek erinnere. In beiderseitigem Einvernehmen hätte man sich auf einen Text geeinigt, der beiden Seiten gerecht würde.

Danach bat er noch, dass alle die Tafel in Ehren halten und keinen Missbrauch dulden sollten. Sie sei ein Teil der Geschichte dieses Dorfes.

Nach dieser Rede gingen alle in den Flur vor die mit einem lila Tuch verhüllte Tafel. Michael Schmidt und Herr Mandic zogen das Tuch nun gemeinsam zur Seite und wir konnten die Tafel zum ersten Mal sehen. Sie ist wirklich sehr schön geworden. Bei der Gestaltung durften wir mitreden, beim Text hatten wir Vorgaben, die wir einhalten mussten. Für uns Jareker ging mit dieser Tafel ein großer Wunsch in Erfüllung.

Sie war nur durch den persönlichen Einsatz von Michael Rettinger mit Hilfe vom Bundesvorsitzenden des Donauschwaben, Hans Supritz, in der Zeit von 4 Monaten geplant und erstellt worden. Vor Ort koordinierte die Leiterin der Diakonie in Novi Sad, Frau Bu, die Arbeiten. Ihnen allen sind wir sehr dankbar.

Bild 2 - Die Jareker Gedenktafel im Eingangsbereich des Gemeindehauses
in Bački Jarak. Unter den Gemeindewappen von Bački Jarak (links)
und Jarek (rechts) steht jeweils der selbe Text in Serbisch und Deutsch.


Der Text lautet:

Bild 3 - (von links) Herr Mandic, Inge Morgenthaler,
Michael Rettinger und Michael Schmidt unter der Gedenktafel.

Nach der Enthüllung der Tafel fuhren unser Bus  mit Herrn Mandic und Herrn Mrdjen hinaus zur provisorischen Gedenkstätte für die Massengräber. Es hatte tagelang geregnet und der kleine Hügel mit dem Kreuz war ringsum umgeben von einer Wasserfläche. Daneben lag eine wilde Müllkippe. Es war uns daher nicht möglich, unseren Kranz niederzulegen. Ratlos standen wir damit vor dem ”See“. Die Rettung brachte ein mutiger Bürger von Bački Jarak, ein Bekannter von Familie Rieß.

Er watete durch den “See“ und befestigte den Kranz am Kreuz. Wir waren ihm alle sehr dankbar dafür.

Auf dem festen Boden in der Nähe des Busses konnte Michael Schmidt jetzt mit der  Gedenkfeier für die Lagertoten beginnen.

Zuerst verlas er ein Gedicht des Budisavaer Heimatdichters, Johannes Wurz, der aus Jarek stammt, das sehr gut zu diesem Anlass passte. Im Anschluss daran erinnerte er in bewegenden Worten an die 6.500 unschuldigen Toten, darunter über 950 Kinder, die im Jareker Lager  durch Hunger und Krankheiten ihr Leben verloren haben und in der Nähe dieser provisorischen Gedenkstätte in Massengräbern verscharrt worden waren. Er wies darauf hin, dass Herr Supritz vom Bundesverband der Donauschwaben seit vielen Jahren daran arbeite, ein würdiges Mahnmal zu erstellen, an dem die Nachkommen aller im Lager Umgekommenen ihre Gebete sprechen und Blumen und Kränze niederlegen könnten.

Die kleine Gedenkfeier wurde mit einem gemeinsamen Vaterunser beendet.

Vielleicht überzeugt diese Gedenkfeier am Rande der Wasserfläche in der unwürdigen Umgebung die maßgeblichen  Leute  von Backi Jarak jetzt endlich davon, ein besser geeignetes Grundstück zur Verfügung zu stellen.

Bild 4 - Bei der Gedenkfeier für die Toten des Lagers Jarek:
(von links) unser Reiseleiter, der mutige Jareker Bürger,
Michael Schmidt, Michael Rettinger, Herr Mrdjen, Herr Mandic.

Nach einem Spaziergang durch das Dorf trafen wir uns alle im großen Gasthaus in der Kreuzgasse. Ein ganzer Tisch war besetzt mit Mitgliedern des Gemeinderates aus Backi Jarak, die unserer Einladung zum Mittagessen gefolgt waren. Es waren auch einige Temeriner Gemeinderäte anwesend.

Wir überreichten der Gemeindevertretung unsere Gastgeschenke, die letzten Heimatbücher, einen Dorfplan und ein Bild von der Jareker Kirche. Darüber hinaus hatten die Reiseteilnehmer eine namhafte Summe gespendet, die wir Herrn Mandic für den Kindergarten übergaben.

Es war kein Vergleich zu unserem letzten Besuch mit dem Donauschiff  im Jahr 2006, als wir über eine Stunde vor dem Gemeindehaus warteten, aber kein “Offizieller“ sich in seiner Sonntagsruhe stören ließ.

Diesmal hatten wir das Gefühl, dass die “Eiszeit“ zwischen den alten und neuen Jarekern beendet ist, und wir uns gegenseitig aneinander annähern.

Bestätigt wurde das durch die Einladung der Gemeinde zur “Bohnensuppen-Weltmeisterschaft“, die  am Samstag in Temerin stattfinden sollte. Obwohl wir eigentlich andere Pläne hatten, entschlossen wir uns, die Einladung anzunehmen. Herr Gustonj, der Oberbürgermeister von Temerin, war auch unter den Teilnehmern des Wettbewerbs. Er hatte für unsere Gruppe und die Vertreter von Backi Jarak Plätze in einem Zelt reserviert. Wie wir später erfuhren, war das durchaus nicht selbstverständlich. Sollten wir eventuell dazu beigetragen haben, dass sich das Verhältnis der beiden Ortsteile auch  verbessert?

Wir hoffen nun sehr, dass sich die allgemeine Lage auch in Bezug auf die Einrichtung der Gedenkstätte an den Massengräbern zum Guten wendet und wir im nächsten Jahr an der Einweihung teilnehmen können.


Inge Morgenthaler

OA Jarek, 21.07.2010


(1. Teil – veröffentlicht im “Das Donautal-Magazin“ Nr. 162 vom 1. September 2010)
 

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