Unsere Jarek Reise im Mai 2015

Es war eine buntgemischte Gruppe aus allen Altersgruppen  der Jareker und ihren Nachkommen, sowie einigen anderen Donauschwaben, die sich uns angeschlossen hatten, die sich am Donnerstag, den14.Mai im Flughafen Stuttgart am Schalter von „Air Serbia“ traf.  Nach unserer Ankunft am Belgrader Flughafen fuhren wir mit dem Bus durch die Dörfer von Srem nach Novi Sad. Unterwegs  fuhren wir an der Kirche „Maria Schnee“ vorbei und machten kurz halt. Es ist die berühmte Wallfahrtskirche der katholischen Donauschwaben, die an der Stelle erbaut worden war, wo Prinz Eugen am 5. August 1716 ein türkisches Heer besiegt hatte, das mehrfach in der Übermacht war. Es soll Schnee gefallen sein, der den Kampfesmut der Türken lähmte, weil sie an ein Wunder glaubten.
Wir fuhren über die Donaubrücke bei Peterwardein zu unserem  „Hotel Centar“ direkt gegenüber vom Theater. Am Nachmittag machten wir einen Stadtrundgang und sahen dabei die schönen Jugendstilhäuser in der Fußgängerzone, die katholische Kirche und das Bischofspalais, sowie das Rathaus.  Die schön renovierte Fußgängerzone ist auf beiden Seiten mit vielen Tischen und Stühlen vollgestellt. Viele junge Leute sitzen dort und genießen  das leben. Es gibt 30000 Studenten in der Stadt. Wir aßen zu Abend im ältesten Restaurant von Novi Sad „ Zu den drei Linden“.
 Am Freitag brachte uns unser Bus nach Katsch. Hier erwarteten uns zwei Katscher Serben, die uns zu den  Erinnerungsstücken unserer Katscher Donauschwäbischen Nachbarn: dem Taufstein und der Glocke der ehemaligen evangelischen Kirche sowie der Gedenktafel für  Kirche führten. Zum Schluss fuhren wir an die kleine Gedenkstatte am ehemaligen Deutschen Friedhof, in der die  HOG Katsch vor einigen Jahren die erhaltenen Grabsteine aufgestellt hat. Was für ein Unterschied zu Jarek! Hier in Katsch die  liebevoll erhaltenen Erinnerungstücke  an die Deutschen an zentralen Stellen aufbewahrt, und bei uns in Jarek  die  völlige Zerstörung aller Dinge, die an unser Kirche und unsere Toten erinnern.
Im orthodoxen Kloster Kovilj erklärte uns ein Mönch die Geschichte des Klosters. Es ist das älteste Kloster nördlich der Donau. Der jetzige Bau  datiert aus dem 15. oder 16. Jahrhundert. Der erste Bau ist viel älter. Wir  bewunderten die schönen Wandmalereien und die prächtige Ikonostase und kauften Honig und Liköre ein, die im Kloster hergestellt werden.
Am Nachmittag besichtigen wir die Festung Peterwardein. Sie war im 17.Jahrhindert die größte Festung Europas und wurde  nach Plänen des französischen Festungsbauers Vauban in 80 Jahre gebaut.
Am Samstag kam schließlich der ersehnte Tag unseres Besuchs in Jarek. Gespannt  fuhren wir in  das Dorf bis zum Gemeindehaus, wo wir schon von Mitgliedern der Gemeindeverwaltung und des Kulturvereins erwartet wurden. Unsere Gedenktafel, die wir vor 5 Jahren anbringen konnten, hängt noch unversehrt im Flur des Gemeindehauses umrahmt von bunten Kinderzeichnungen aus dem Kindergarten und der Grundschule.

Die Gruppe vor dem Gemeindehaus in Jarek

Das Gemeindehaus  macht  einen verwahrlosten Eindruck. Es soll in nächster Zeit renoviert werden und steht unter Denkmalschutz.
Als wir den großen Saal betraten, kam die erste große Überraschung: alle Wände waren bedeckt mit gerahmten Photographien aus dem alten Jarek. Außerdem  lagen Aquarelle  aus dem heutigen Backi-Jarak auf dem Tisch, die zu verkaufen waren.
Man bot uns Getränke an and wir konnten die vielen Bilder in Ruhe betrachten. Die nächste große Überraschung war das Kulturhaus, das ehemalige „Große Wirtshaus“ Hier wurden wir von der Jugendtanzgruppe mit Getränken versorgt und fühlten uns in alte Zeiten versetzt. Alles sah noch so aus wie früher. Bei den Älteren unter uns, wurden Erinnerungen wach, wie sie als Kinder durch die Fenster gesehen hatten oder das Mosi (Kino)besucht hatten. Zum Tanzen waren alle noch zu jung gewesen. Nach einem kurzen Besuch der neuen Orthodoxen Kirche hinter dem Wirtshaus brachte uns der Bus zum provisorischen Gedenkkreuz, wo die Gedenkfeier  zum 70. Jahrestag des Lagers stattfinden sollte. (siehe Bericht von St. Barth u. M. Rettinger unter „Neues vom Bundesverband)

Der große Saal im „großen Wirtshaus“ ,  in dem Hochzeiten, Tanzveranstaltungen und die Kinovorstellungen stattfanden. Auch heute noch wird er für Kinoveranstaltungen genützt.
Nach der Feier fuhren wir in das „Restaurant Troglav“ in der Kreuzgasse zum Mittagessen. Danach hatten wir Gelegenheit  durch das Dorf zu gehen, um zu sehen, was sich seit unserem letzten Besuch im Jahr 2010 verändert hatte. Es gibt manche Veränderung: einige Häuser waren schön renoviert worden, andere hatte man abgerissen und neue an ihre Stelle gebaut. Einige aus unserer Gruppe wurden in ihre ehemaligen Häuser herein gebeten, andere sogar  in fremde Häuser. Die Leute, die wir auf der Straße trafen, waren freundlich und aufgeschlossen. Die Zeit bis zu unserer Abfahrt verging sehr schnell und war zu kurz, um alles zu sehen. Das ist schon ein Grund, um wieder zu kommen.
Den Abend verbrachten wir im „Weingut Vindulo“ außerhalb von Temerin. Hier probierten wir preisgekrönte Batschka Weine und danach servierte man uns ein richtiges donauschwäbisches Essen mit „Hinglsupp, Paprikasch und  Moagstrudl.“  Mit vollem Magen und hochzufrieden mit diesem ereignisreichen Tag  fuhren wir in unser Hotel zurück.
Der Sonntag stand zur freien Verfügung. Einige  aus der Gruppe fuhren in andere Dörfer zu einem eigenen Programm. Unser Bus brachte uns nach Temerin zu einem alten ungarischen Batschka Haus mit Laubengang und Extra Stube. Die Grundmauern des Hauses stammen aus dem Jahr 1850.  Genau wie Jarek brannte Temerin während der Revolution im Jahr 1848 völlig ab. Der Wiederaufbau erfolgte in beiden Gemeinden  von 1850 bis 1852.Hier konnten wir sehen wie die Menschen in der Vojvodina  im 19. Jahrhundert lebten und  mit welchen Geräten sie arbeiteten. Nach dem Mittagessen in Jarek teilte  sich die Gruppe auf und jeder folgte seinem eigenen Programm.
Am Montag war der Tag der Abreise gekommen. Diesmal fuhren wir auf der Autobahn nach Belgrad, zuerst zu einer Stadtrundfahrt mit Besichtigung der Kirche des heiligen Sava und einem Besuch des Kalemegdan, der Festung an der Mündung der Save in die Donau. Von dort hat man einen herrlichen Blick auf die beiden Flüsse und  die neuen Stadtteile mit ihren Hochhäusern. Wir aßen noch in einem Restaurant in der Altstadt zu  Mittag, bevor uns unser Bus zum Flughafen fuhr und wir schließlich nach Stuttgart zurückflogen.
Diese Reise war wohl für die meisten von uns unsere letzte Reise in die alte Heimat. Die vielen Eindrücke, verbunden mit den Erinnerungen, werden uns allen noch lange im Gedächtnis bleiben.
Inge Morgenthaler